Ausgabe Nr. 38 - Oktober 2001
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Baustopp im Olympiastadion - droht uns bald der Jahn-Sportpark?
droht uns bald der Jahn-Sportpark?
(von Harald Voß)
Seit Anfang Juli herrscht Ruhe auf der Baustelle im Berliner Olympiastadion. Nachdem in der Schutzbeschichtung und dem Fugenmaterial, mit der die Betonteile des gesamten Stadions überzogen sind, PCB-haltige Stoffe festgestellt worden waren, wurden die Abbrucharbeiten von der Baufirma Walter-Bau am 18. Juni 2001 eingestellt. Die übrigen Arbeiten wurden auf Anordnung des Senats am 7. Juli gestoppt. Davon ausgenommen sind nur die Gründungsarbeiten für die Aufwärmhalle im Norden des Stadions bzw. die Arbeiten für die Tiefgarage am Südausgang sowie einzelne Asbestsanierungsarbeiten an der Südtribüne.
Mittlerweile konnte durch eingehende Untersuchungen eine Gefährdung der Stadionbesucher ausgeschlossen werden, so dass die Bundesligaspiele von Hertha BSC planmäßig stattfinden durften, allerdings besteht nach wie vor Uneinigkeit zwischen der Baufirma Walter-Bau und dem Senat von Berlin über die Übernahme der zusätzlichen Kosten, die sich aus dem PCB-Fund ergeben. Um eine Belastung der Umwelt durch PCB-haltige Stoffe während des Abtransports des Schutts zu vermeiden, wird derzeit eine vorherige Trennung der belasteten Beschichtung vom Beton mittels eines Strahlverfahrens geprüft, um anschließend die kontaminierten Teile getrennt vom Rest zu entsorgen. Die dadurch entstehenden Mehrkosten hat nach Auffassung der Firma Walter-Bau der Senat von Berlin zu tragen, da keines der Gutachten, die im Vorfeld der Ausschreibungen zum Stadionumbau angefertigt wurden, Hinweise auf eine mögliche PCB-Belastung von Boden oder Bausubstanz gegeben habe. Als Auftraggeber der Sanierungsmaßnahmen zur Weltmeisterschaft 1974 hätte man wissen müssen, dass dort PCB-haltige Stoffe verwendet worden sind. (Die Verwendung und Herstellung von PCB wurde erst 1983 gesetzlich verboten.)
Der Senat beharrt aber auf seinem Standpunkt, dass alle sich nachträglich ergebenden Mehrkosten vertraglich vom Auftragnehmer Walter-Bau zu tragen sind. Zur Klärung der Streitigkeiten wurde mittlerweile ein Schiedsverfahren eingeleitet, bis zu dessen Abschluss ruhen die Arbeiten.
Bei allem berechtigten Interesse der beiden Vertragspartien an der Frage der Kostenübernahme besteht mittlerweile die große Gefahr eines weiteren Terminverzugs. Laut der ursprünglichen Planung sollte die Sanierung des Unterrings bis zum Ende dieser Saison abgeschlossen sein, damit sofort nach dem Pokalendspiel mit der Tieferlegung des Spielfeldes begonnen werden kann. Dies kann zwingend nur nach dieser Saison durchgeführt werden, da nur dann die Spielpause wegen der Weltmeisterschaft 2002 in Japan / Südkorea lang genug für diese Arbeiten ist. Ansonsten müsste die Tieferlegung während der normalen Bundesligasaison stattfinden, was für Hertha BSC ein zwangsweises Ausweichen in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg zur Folge hätte, wo dann allerdings lediglich 20.000 Plätze zur Verfügung ständen. Auch wenn die Zuschauerzahlen bei den Heimspielen mittlerweile stark rückläufig sind und der Jahn-Sportpark für Hertha durchaus ein historischer Ort ist - immerhin wurde der Verein hier gegründet bzw. trug seine ersten Heimspiele auf dem "Exer" aus, noch bevor es hier überhaupt eine Platzanlage gab - erscheint die Kapazität doch zu gering, zumal das bedeuten könnte, dass Hertha BSC so gut wie keine Dauerkarten verkaufen dürfte, jedenfalls nicht, sofern man auf dem Prinzip der fest nummerierten Plätze beharrt.
Nicht auszudenken wäre der Schaden für die Stadt Berlin, sollte das Stadion zum nächsten Pokalendspiel nicht mit den vertraglich zugesicherten 70.000 Plätzen zur Verfügung stehen. Der Präsident des Berliner Fußball-Verbands, Otto Höhne, malte in den vergangenen Tagen bereits die Schreckensvision an die Wand, der DFB könne das Pokalendspiel 2001/2002 z.B. ausgerechnet nach Gelsenkirchen vergeben. Nach seiner Auffassung könnte die einmalige Vergabe des Pokalendspiels an eine andere Stadt zu einer völligen Aufhebung des Prinzips des ständigen Endspielortes Berlin und zu einer Rückkehr zu der früheren Praxis der wechselnden Endspielorte führen.
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