(von Harald Voß)

Seit einiger Zeit haben wir im Spitzensport und insbesondere im Fußball eine Entwicklung, wie wir sie bisher nur aus Amerika kannten. Die Spieler bekommen immer höhere Gehälter, das Geld dafür setzen die Vereine dagegen nur noch in eher geringem Maße mit Eintrittsgeldern um, viel mehr wird aus Fanartikeln, mit Werbung und Fernsehgeldern erlöst. Ein Verein muß mittlerweile nicht mehr einfach nur gut spielen, er muß sich auch gut vermarkten können.

Das erfordert deshalb auch viel größere Anstrengungen in der Sponsorenbetreuung, wozu nicht nur das Mitteilen der Kontoverbindung gehört, wo die Sponsoren ihr Geld abliefern können. Wer vielleicht mehrere Hunderttausende oder Millionen in einen Verein investiert, möchte auch mehr Komfort im Stadion haben als der normale Stehplatzbesucher. Gleichzeitig braucht die im Stadion plazierte Werbung auch ein entsprechendes Umfeld, um zu wirken. Natürlich ist es viel attraktiver für einen Werbepartner, in einem stimmungsvollen Hexenkessel zu werben als in einem trostloren leeren Rund.

Das stellt demzufolge zwei Anforderungen an ein Stadion: Einerseits genug bequeme Logen, andererseits aber darf auch die Stimmung nicht zu kurz kommen. Für beides ist das Olympiastadion in seinem jetzigen Zustand einfach nicht mehr ideal. Die derzeitigen Logenplätze sind nicht nur total ausgebucht, sondern auch nicht besonders komfortabel, die Stimmung im Olympiastadion ist zwar nicht schlecht, sie könnte aber bei einer anderen Bauform (reines Fußballstadion) noch wesentlich besser sein, außerdem ist die Sicht aus den obersten Reihen des Oberrings oder hinter den Dachstützen alles andere als optimal.

Die Möglichkeiten, das denkmalgeschütze Stadion mit all dem Komfort auszustatten, der nötig wäre, sind begrenzt. Außerdem wäre die mögliche vierjährige Sperrung vermutlich nicht nur der Todesstoß für unsere Hertha, sondern auch für das Pokalendspiel. Anstatt ein viel zu kleines temporäres Stadion zu errichten, wäre es da allemal besser, an einem anderen Platz (z.B. auf dem Platz des Hockeystadions oder auch auf dem Maifeld) ein völlig neues, reines Fußballstadion mit ausreichender Kapazität zu bauen und anschließend das Olympiastadion - als Denkmal - nur noch soweit herzurichten, daß es nicht einstürzt (also eine reine Betonsanierung ohne Modernisierung).

So hätte man ein modernes Fußballstadion mit allem, was dafür nötig ist, bräuchte kein Provisorium und für die einzige Leichtathletikveranstalung im Olympiastadion - das ISTAF, würde das Olympiastadion auch weiterhin genügen.

Wie sehr moderne Sportstätten übrigens den Spitzensport positiv beeinflussen können, zeigen die Beispiele Velodrom und Max-Schmeling-Halle:

Seit Jahren hat in Berlin kein Sechstagerennen mehr stattgefunden, in den Jahren davor war die Deutschlandhalle nur noch spärlich besetzt. Mittlerweile ist das Velodrom fertiggestellt, und bereits das erste Sechstagerennen in der noch nicht ganz fertigen Halle wurde zu einem Bombenerfolg. An allen Tagen meldete man mit 12.000 Zuschauern "ausverkauft"! In den Medien wurde die Stimmung als einzigartig gefeiert.

Die Basketballmannschaft von ALBA Berlin war in der Charlottenburger Sömmeringhalle vor im Schnitt 2000 Zuschauern schon recht zufrieden. Seit dem Umzug in die eigentlich für das olympische Boxturnier konzipierte Halle meldet man regelmäßig 5000 bis 8000 Zuschauer, selbst in der Bundesliga. In der Folge wurde man, vor allem auch aufgrund der neuen Halle und der damit möglichen anderen finanziellen Größenordnung, zu einem europäischen Spitzenteam, welches die Bundesliga beherrscht - alle Basketballer in Deutschland schauen neidisch auf Berlin und seine Halle!

Diese beiden Beispiele zeigen, was eine moderne, neue Sportstätte für den sportlichen wie auch wirtschaftlichen Erfolg im Spitzensport bedeuten kann. Ohne das Velodrom gäbe es in Berlin kein Sechstagerennen, ohne die Schmeling-Halle wäre ALBA noch immer einer von vielen Basketball-Bundesligisten, die neidisch nach Leverkusen ob der dort möglichen Finanzmittel schauen.