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Wolfgang Holst erzählt... (Teil 4)

(von Harald Tragmann)

Hertha hatte den Abstieg in der Saison 82/83 mit großen Schmerzen weggesteckt, mit der Absicht sofort wieder aufzusteigen.

Georg Gawliczek verließ Hertha und dafür kam Martin Luppen, welcher mit Fortuna Köln das Pokalfinale erreicht, in dem er 0:1 gegen den 1.FC Köln unterlag. Man hatte berechtigte Hoffnungen, einen Trainer zu bekommen, der Hertha in die 1.Liga zurückführen könnte. Die gute Mannschaft blieb erhalten, dennoch wurden die Erwartungen nicht erfüllt.

Wie jedes Jahr gab es eine Jahresmannschafts-sitzung zu Beginn der Spielzeit. Dort stellte Wolfgang Holst die Forderung an die Mannschaft, einen für Leistungssportler gerechten und soliden Lebenswandel zu führen, um der gestellten Aufgabe gerechtzuwerden.

So weit war er mit Martin Luppen einer Meinung. Als er jedoch darauf verwies, daß diese Einstellung auch kontrolliert werden müsse waren ihre Meinungen geteilt. Martin Luppen meinte, es wäre nicht angebracht, Kontrollen bei gestandenen jungen Männern stattfinden zu lassen.

Herr Holst hatte es versäumt, dieses Thema vor seiner Verpflichtung zu besprechen, weil es für ihn in seiner Grundsätzlichkeit von existentieller Bedeutung und somit selbstverständlich war. Im Gegensatz zu manch anderen älteren Herren war ihm bewußt, daß die tägliche Einstellung junger Menschen immer schwankend ist. Nur diejenigen Trainer, die geneigt sind sich auch bei der Mannschaft wegen ihrer unpopulären Entscheidungen unbeliebt zu machen, haben eine Chance, die Mannschaft zum Erfolg zu führen. Helmut Kronsbein, Kuno Klötzer und auch Georg Kessler stehen für dieses Beispiel und diese Auffassung. Dieser Vorgang ist auch noch heute von hoher psychologischer Bedeutung.

Hertha hat mit dieser Mannschaft in der Spielzeit 83/84 die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen können. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hertha ein harmonisches Präsidium und einen starken Wirtschaftsrat. Dieses gute Klima trug dazu bei, daß man die sportlichen Defizite wirtschaftlich verkraften konnte, weil es in der Führungsauffassung kaum Differenzen gab.

Zusammenfassend muß gesagt werden, daß in den Jahren 1984 und 1985 die erwartete sportliche Zielsetzung verfehlt wurde.

Herrn Holst ist in diesen Jahren so richtig deutlich geworden, wie schwer es ist, einen zweifelsohne gemachten Fehler in der Einkaufspolitik der Saison 82/83 mit seinen Auswirkungen auf die Folgejahre wieder auszubügeln.

Trainer Martin Luppen, der den Erwartungen aus mannigfaltigen Gründen nicht entsprach, wurde gebeten, sein Vertragsverhältnis über dem 30.6.84 hinaus nicht fortzusetzen.

Für die Saison 84/85 wurde Uwe Kliemann geholt, und dieser hat mit außerordentlich viel Fachwissen und Engagement die Mannschaft übernommen und sie trotz erheblichen verletzungsbedingten Ausfällen wiederum auf einen Mittelplatz der Tabelle geführt, wobei über lange Strecken der Saison eine begründete Chance vorlag einen Aufstiegsplatz zu erreichen.

1985/86 setzte sich dann die Mittelmäßigkeit fort, und man bekam die Quittung für diese Leistung, in dem der erwartete Zuschauerzuspruch ausblieb.

Bereits 1984/85 hatte der Ligaausschuß des DFB im ersten Anlauf die Lizenz verweigert. Erst in der Anhörung beim Vorstand des DFB gelang es, diesen davon zu überzeugen, daß die Entscheidung des Ligaausschusses revidiert werden müsse. Herr Holst hat, wie er selbst sagt, unter dieser Entwicklung außerordentlich gelitten, so daß er gegenüber Verantwortlichen des DFB erklärte, daß man ihn nicht nocheinmal in Frankfurt sehen würde, um dort um die Lizenz zu kämpfen.

Die Saison 85/86 brachte dann neben sportlichen Erfolgen auch sportliche Enttäuschungen. Hertha hatte zwischenzeitlich Andreas Köpke verpflichtet und man glaubte, durch ihn einen besonderen Rückhalt für die anfällige Hintermannschaft bekommen zu haben.

Andreas Köpke bewies in dieser Spielzeit bereits, welche hervorragenden Qualitäten in ihm steckten, aber er konnte zu der damaligen Zeit auch seine erheblichen Schwächen in der Beherrschung des Strafraumes nicht verdecken. Mehrere Punkte wurden auch durch seine Fehlleistungen verloren.

Die Mannschaft dümpelte im mittleren und unteren Mittelfeld der Tabelle herum und konnte keineswegs die zu diesem Zeitpunkt in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen.

Wolfgang Holst hatte bereits im Jahre 1982 bei der im November stattfindenden Hauptversammlung den Mitgliedern und später der weiteren Öffentlichkeit bekundet, daß er in seine letzte Legislaturperiode hineingehen würde.

Er hatte deutlichgemacht, daß er im Jahre 1985 dem Verein in Führungsposition 25 Jahre gedient haben würde und daß diese Zeit von ihm beendet werden muß, weil er den Rest seines Lebens seiner jungen Frau, der Familie und auch den von ihm betriebenen Geschäften zu widmen gedachte.

In der Vorbereitung der Hauptversammlung im November 1985 hatte Herr Holst Monate zuvor Peter Gayda angesprochen, ob dieser nicht willens sei, ihn als Präsidenten abzulösen, da er ihn als dafür geeignet hielt. Wolfgang Holst bekam von ihm im Oktober 1985 seine Zusage und war darüber außerordentlich glücklich.

Ende Oktober begab er sich nach Tokio um mit Rudi Gutendorf zu sprechen, weil er diesen für fähig hielt, bei Hertha BSC die Managerposition zu bekleiden. Er sagte in Tokio zu Gutendorf, daß er seine Bereitschaft, diese Position zu übernehmen, seinem Nachfolger Peter Gayda übermitteln würde, um diesem dann endgültig zu überlassen, ob er Gutendorf einstellen würde oder nicht.

Aus Tokio zurückkommend, teilte ihm Peter Gayda in einem sehr persönlich geführten Gespräch mit, daß er kurzfristig seine Zusage, sein Nachfolger zu werden, zurücknehmen müßte, weil ihn ganz private Probleme an der Amtsübernahme als Präsident bei Hertha BSC hinderten.

Wolfgang Holst nahm diese Nachricht mit großer Besorgnis zur Kenntnis und rief sofort den ihm zur Seite stehenden Wirtschaftsrat im kleinen Kreis ein. Zu diesem gehörten Reinhold Meier als Sprecher des Wirtschaftsrates, Heinz Striek, Kurt Neubauer und Prof. Heckelmann. Sie berieten, was nach der Absage von Peter Gayda zu tun sei. Nach langen Überlegungen kam Herr Holst zu dem Entschluß, trotz seiner Ankündigung, eine erneute Kandidatur als Präsident nicht anzunehmen, seine Meinung zu ändern.

Die Herren Meier, Neubauer und Striek stimmten diesem Vorhaben zu. Nur Herr Prof. Heckelmann, dem er ganz besonders zugeneigt war, bat ihn, doch noch über eine Alternative nachzudenken, weil er nach seiner Meinung unglaubwürdig werden könnte, wenn Wolfgang Holst dem seit Jahren verkündeten Entschluß, nicht mehr als Präsident zu kandidieren, untreu würde. Er meinte wörtlich: "Herr Holst, denken Sie doch noch einmal nach. Sie können doch immer wieder ein Kaninchen aus dem Hut zaubern."

Diese Meinung des Prof. Heckelmann veranlaßte ihn erneut, nach einem Nachfolger für sich zu suchen, dabei fiel ihm Heinz Roloff ein, den er Anfang 1985 als Mitglied für den Wirtschaftsrat geworben hatte. Alle vier Herren hatten Skrupel, diesem Vorschlag zuzustimmen, weil sie meinten, sein fußball-sportliches Fachwissen würde nicht ausreichen, um solch einer soliden Aufgabe zu entsprechen.

Wolfgang Holst widersprach dieser Auffassung, weil er gewillt war, als neu vorgesehener Sprecher des Wirtschaftsrates Heinz Roloff mit seiner Erfahrung zur Seite zu stehen. Unter dieser Voraussetzung erhielt er dann das Einverständnis, Heinz Roloff anzusprechen und ihn zu fragen, ob er die Präsidentschaft bei Hertha BSC ab November 1985 übernehmen wolle. Nach einigen Vorbesprechungen, in denen von Heinz Roloff die Hilfe an seiner Seite als äußerst willkommen und unentbehrlich betrachtet wurde, stimmte Heinz Roloff seiner Kandidatur zu.

An dieser Stelle möchte Wolfgang Holst mit einem für Hertha historischen Irrtum grundsätzlich einmal aufräumen.

Heinz Roloff hat im November 1985 die Lizenzmannschaft von Hertha BSC nicht auf einem Abstiegsplatz befindlich übernommen. Sie befand sich auf einem unteren Mittelfeldplatz. Wenn später immer wieder gesagt wurde, Heinz Roloff hätte die Mannschaft in der Oberliga befindlich übernommen und wieder in die 2. Liga geführt, so ist diese Darstellung falsch.

Nachdem die Mitglieder im November 1985 Heinz Roloff zum Präsidenten gewählt hatten, verpflichtete er Rudi Gutendorf nicht als Manager, wie es Wolfgang Holst vorgesehen hatte, sondern als Trainer und beurlaubte Uwe Kliemann. Heinz Roloff und Rudi Gutendorf stiegen als dann mit der Mannschaft ab, und Hertha fand sich am Ende der Spielzeit 1985/85 im Amateurlager wieder.

Für uns alle eine sehr, sehr traurige Entwicklung.

Noch ein persönliches Wort von Wolfgang Holst in eigener Sache:

Ich bin der Hertha-Gemeinschaft äußerst dankbar und auf Dauer verbunden. Sie hat mir während der Hauptversammlung im November 1985 zu meiner großen Überraschung die höchste Auszeichnung verliehen, die der Club zu vergeben hat:

Die Ehrennadel mit Brillianten, die vor mir nur Herr Wernicke, Hanne Sobeck und Fredy Stahr erhalten hatten.

Für mich ist und bleibt dieser Augenblick in meinem Leben unvergeßlich.

Lieber Wolfgang Holst,

vielen Dank für dieses wirklich umfangreiche Interview, in dem für viele sicherlich auch völlig neue Aspekte aus der Historie Herthas zum Vorschein kommen.

Trotz aller auch noch so negativen Schlagzeilen unter Ihrer Regie bleiben die positiven unvergessen und ein jeder echter Herthaner wird sich auch Ihrer Verdienste erinnern.

Wir, die Hertha-Freunde '92, wünschen Ihnen auf jeden Fall für Ihre weitere Zukunft alles Gute und hoffen, nein vielmehr wissen, daß Sie dem Verein von der Plumpe immer positiv gewogen bleiben werden.







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