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Verlag Harald Voß
Wolfgang Holst erzählt... (Teil 3)

(von Harald Tragmann)

Nachdem wir zuletzt vom Bundesligaabstieg in der Saison 79/80 lesen konnten, berichten wir heute vom Neuaufbau in der 2. Liga.

Der Abstieg wurde eigentlich von allen gut verarbeitet, aber dennoch äußerten einige Spieler den Wunsch, zu einem anderen Verein zu wechseln. Hertha verlor somit wichtige Stammspieler: Kliemann an Bielefeld, Sidka an 1860 München, Sziedat an Eintracht Frankfurt und Kleff an Borussia Mönchengladbach. Wenig später wurde auch noch Agerbeck aus dem laufenden Vertrag entlassen, weil dieser im Trainingslager heimlich mit einem anderen Verein verhandelt hatte. Hertha erhielt für ihn jedoch noch 800.000,- DM Ablöse. Trainer Kronsbein schied unterdessen aus altersgründen aus, sein Nachfolger wurde Uwe Klimaschefski, der beim FC Homburg zuletzt einen sehr guten Eindruck hinterlassen hatte. Sein Gehalt lag bei lediglich 8000,- DM, doch man beteiligte ihn an den Zuschauereinnahmen, sobald ein bestimmter Schnitt überschritten würde.

Hertha verstärkte sich mit Horst Ehrmanntraut, Walter Gruler, Gregor Quasten, Werner Killmaier, Edmund Stöhr und Lothar Wesseler. Genau wie den Trainer beteiligte Hertha auch die Spieler an den Zuschauereinnahmen, sobald der kalkulierte Schnitt von 8000-9000 Zuschauern überschritten werden sollte. Bei einem tatsächlichen Schnitt von 22.000 Zuschauern, wie er am Ende der Saison feststand, erwies sich diese Regelung als finanzieller Flop, zumal Punktprämien für gut besuchte Heimspiele, die man gegen starke Gegner verlor, auch für nachfolgende leichte Auswärtsspiele ihre Gültigkeit behielten.

Hertha erwischte zum Auftakt der 2. Liga Nord 1980/81mit 2:6 Punkten einen verhältnismäßig schlechten Start, so daß man sich schnell nach weiterer Hilfe umschauen mußte. Wolfgang Holst telefonierte mit Hennes Löhr und dieser empfahl Jürgen Mohr vom 1.FC Köln. Im Probetraining konnte dieser auch sofort überzeugen und so war man sich schnell einig. Unter Mithilfe des DFB erstellte Wolfgang Holst den ersten Leihvertrag, der vom DFB abgesegnet wurde.

In Kiel verlor Hertha noch mit 2:1, doch dann kam Mohr. Er überzeugte gegen Erkenschwick von Anfang an und gab der Mannschaft Halt. Das Spiel wurde mit 4:1 gewonnen und eine Erfolgsserie begann.

Im Laufe der Saison bekam Hertha verletzungsbedingte Probleme mit Jürgen Diefenbach, so daß Herr Holst erneut Hennes Löhr um Rat bat. Diesmal empfahl er Yasuhiko Okudera, der bei Hertha vom Stürmer zum Verteidiger umgeschult wurde. In dieser Position war er jedoch so gut, daß Otto Rehagel ihn in der kommenden Saison zu Werder Bremen holte. Eben jener Otto Rehagel, der in dieser Saison seine große Ära bei Werder Bremen begann, als Kuno Klötzer krankheitsbedingt ausschied. Hertha bekam Rehagels überzeugende Arbeit auch bald zu spüren. Nachdem man noch in Bremen ein gutes 1:1 erreicht hatte und man zu Hause auch schon 1:0 durch Okudera führte, verlor man das Heimspiel vor rund 72.000 Zuschauern noch mit 1:2.

Dieses Ergebnis und auch das 2:4 wenig später gegen die Eintracht aus Braunschweig vor wiederum fast 70.000 Zuschauern brachten Hertha um die Früchte einer sonst grandiosen Saison. Mit 123 erzielten Toren wurde man dritter der Liga und verpaßte um einen Punkt das Qualifikationsspiel zur Bundesliga. Und auch im Pokal scheiterte Hertha erst im Halbfinale nach einem 0:1 bei Eintracht Frankfurt. Trotz des letztendlich unbefriedigenden Ausgangs gehörte doch auch diese Saison zu denen, die dafür sorgten, daß viele Herthaner auch in schlechten Zeiten die Treue zu ihrer Hertha halten.

In der Saison 81/82 führte der DFB erstmalig die eingleisige 2. Bundesliga ein, und mit den Bundesligaabsteigern Schalke 04 und 1860 München sollte es ein besonders spannendes Jahr werden. Die Mannschaft konnte gehalten werden und wurde mit Hubert Schmitz, Werner Schneider und Bernd Beck zusätzlich verstärkt. Inzwischen ergaben sich Schwierigkeiten mit Trainer Uwe Klimaschefski, nicht im sportlichen Bereich, sondern in seiner Zusammenarbeit mit dem Präsidium und dem Wirtschaftsrat, weshalb Wolfgang Holst ihn auch bat zu gehen, als Hertha zwischenzeitlich auf den 13.Platz zurückfiel. Uwe Klimaschefski war dann auch sehr fair, als es um die Festlegung seiner Abfindung ging. Zum Auswärtsspiel in Hannover wurde Gregor Gawliczek eingestellt. Zunächst fiel das Spiel wegen Schnee aus, wurde aber auf Holst' Wunsch am nächsten Tag doch noch ausgetragen. Mit einem 3:2-Sieg feierte der neue Trainer einen gelungenen Einstand und konnte seinen Erfolg in einer solchen Kontinuität fortsetzen, daß am Ende der Saison der Aufstieg zur Bundesliga wartete.

Ganz entscheidend für den Aufstieg war aber auch, daß die zur Zeit auf dem zweiten Tabellenplatz liegenden Kickers aus Offenbach im vorletzten Heimspiel mit 1:4 Wattenscheid unterlagen und die Herthaner, gedopt von diesem Ergebnis, ihr Spiel mit 6:0 in Bayreuth gewannen. So ergab es sich, daß Hertha im letzten Heimspiel gegen Hannover 96 alles klar machen konnte, zumal Kickers Offenbach gleichzeitig gegen den Tabellenführer Schalke 04 antreten mußte. Hertha gewann das Spiel mit 2:0 durch zwei Tore von Bernd Beck vor über 40.000 Zuschauern, während Offenbach über ein 0:0 nicht hinauskam. Die Fans stürmten den Rasen im Berliner Olympiastadion, denn aufgrund der ausgezeichneten Tordifferenz war Hertha bereits aufgestiegen. Daran konnte auch eine 0:1-Niederlage am letzten Spieltag bei Wormatia Worms nichts mehr ändern, zumal Offenbach gleichzeitig 2:5 bei 1860 München unterlag. Vier der fünf Tore schoß damals Rudi Völler, das fünfte Ex-Herthaner Wolfgang Sidka.

Eben diese beiden Spieler sollten Wolfgang Holst später noch viel Kopfzerbrechen bereiten. Bereits vor dem Heimspiel gegen Hannover 96 bot 1860 München diese beiden Spieler Hertha BSC im Paket für 1,6 Mio. DM zum Kauf an. Da Hertha noch nicht aufgestiegen war, bat Holst um einen kleinen Aufschub, diesen nutzte Otto Rehagel jedoch, um Völler und Sidka nach Bremen zu holen. Beide wurden Stammspieler und Völler, von Rehagel zum Mittelstürmer umfunktioniert, sogar Torschützenkönig der Saison 82/83. Die Tatsache, daß Herr Holst die beiden mit Sicherheit nach dem Spiel gegen Hannover verpflichtet hätte, schmerzt da nur noch mehr.

Als Manager bei Hertha BSC war Wolfgang Holst es gewohnt, Geld auszugeben, als Präsident jedoch zögerte er ein wenig, zumal er den Verein ja gerade erst von den 3,6 Mio. DM Schulden befreit hatte. Er wurde untreu gegenüber seiner früheren Linie zu investieren und von den 2,4 Mio. DM Liquiditätsspielraum, die Hertha zur Verfügung standen, wurden zunächst nur Heiko Glöde, Uwe Kollmannsperger, Karl-Heinz Emig und Rolf Blau für weniger als 1 Mio. DM verpflichtet. Seine Devise war, im ersten Jahr zunächst die Klasse zu halten und im nächsten Jahr dann nach höherem zu streben. Ein wesentlicher Fehler unter dem Wolfgang Holst, wie er sagt, noch heute leidet.

In Kaiserslautern startete man mit einem sehr guten 2:2 in die Bundesliga, beim ersten Heimspiel gegen Borussia Dortmund unterlag Hertha jedoch mit 1:3. Zur Winterpause belegte Hertha immerhin einen Nichtabstiegsplatz, jedoch hatte man Probleme auf der Liberoposition, die durch Walter Gruler besetzt war. Wieder einmal sprach Wolfgang Holst mit Hennes Löhr und er wollte entweder Bernhard Cullmann oder Rainer Bonhof verpflichten. Mit beiden wurde verhandelt. Rainer Bonhof war kurz zuvor am Sprunggelenk operiert worden, um Ablagerungen zu entfernen, hatte den Eingriff aber einwandfrei überstanden. Als der 1.FC Köln im Europapokal gegen den AS Rom antreten mußte, sprang Bonhof für den verletzten Stammspieler Konopka ein, er machte ein hervorragendes Spiel gegen Prohaska und bestärkte Wolfgang Holst in seinem Willen, ihn zu verpflichten und Holst selbst finanzierte den Transfer. Die medizinische Untersuchung ergab auch keinerlei Gründe dagegen, Professor Weigert schrieb ihn sporttauglich. Der 1.FC Köln bestand sogar darauf, im Vertrag eine Klausel aufzunehmen, daß Bonhof im Rückspiel gegen Köln nicht eingesetzt werden dürfe. Nach Vertragsabschluß mußte Bonhof jedoch noch einmal im Rückspiel gegen AS Rom antreten, wo er sich nach einer Grätsche im Fünfmeterraum eine Zerrung holte. Eine leichte Verletzung, die später noch schwere Folgen für Bonhof und Hertha haben sollte.

Bevor Bonhof den ersten Einsatz für Hertha absolvierte, beobachtete er das Pokalspiel gegen den Hamburger SV, welches Hertha mit 2:1 gewann. Er verstand das Liberoproblem nicht, denn Gruler zeigte an diesem Tag eine wirklich glänzende Partie. Somit brachte er Wolfgang Holst vom Vorhaben ab, ihn zum

Libero zu machen und wurde somit im Mittelfeld eingesetzt. Doch Bonhof sollte nur sechs Spiele für Hertha bestreiten. Im Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf schlug er in der 8. Minute in den Rasen und erlitt an der im Europapokal gezerrten Sehne einen Adduktorenabriß. Rainer Bonhof wurde mit knapp 30 Jahren Sportinvalide. Während Wolfgang Holst mit der Verpflichtung von Luggi Müller in den siebziger Jahren Glück hatte, traf ihn hier das Pech.

Und so lagen auch in der laufenden Saison Glück und Pech dicht beieinander. Als es im Spiel in Dortmund 1:1 stand, traf Edmund Stöhr zehn Minuten vor Schluß nur den Pfosten, sieben Minuten später erzielte Burgsmüller den 2:1-Siegtreffer für Dortmund. Als Hertha hochmotiviert in das Heimspiel gegen Werder Bremen ging, schoß Meier die Bremer bereits in der 1. Minute mit 1:0 in Führung. Die Herthaner waren 89 Minuten drückend überlegen, doch Burdenski hielt alles, was in dieser Partie auf das Bremer Tor kam. Als Hertha gegen den Hamburger SV schon mit 1:0 führte, lag man kurz vor Schluß mit 1:2 zurück. Ehrmanntraut schoß einen Spitzenfreistoß für Hertha, doch Torwart Stein fischte den fast unmöglich zu haltenden Ball aus dem Dreiangel. In diesem Moment lagen fünf Herthaner völlig erschöpft auf dem gegnerischen Rasen und man sah ihnen an, daß diese Mannschaft nicht mehr aufzurichten war.

Das letzte Spiel in Köln ging dann auch mit 2:3 verloren. Im Anschluß an dieses Spiel gab Wolfgang Holst ein längeres Interview für Heribert Faßbender, welches so bewegend war, daß der damalige Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizäcker, in einem Telegramm seine Anerkennung für dieses Interview als eine gute Tat für Berlin aussprach. Doch trotz aller Anstrengungen sollte Hertha eine lange Zeit der Bundesliga fernbleiben und ein dunkles Kapitel Fußballgeschichte in Berlin schreiben.

Vom tiefen Fall bis in die Amateuroberliga Berlin berichten wir in der nächsten Ausgabe.







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